KV-Vorstände befürworten Anpassung der Musterberufsordnung für Leistungserbringung

Die Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigungen in Baden-Württemberg und Bayern sind sich einig: Eine flexible ärztliche und psychotherapeutische Leistungserbringung ist dringend erforderlich. Dafür ist eine Anpassung der Musterberufsordnung durch die Bundesärztekammer notwendig, um Ärzten und Psychotherapeuten die Möglichkeit zu geben, mobil zu arbeiten.

Die aktuelle Regelung besagt, dass Ärzte und Psychotherapeuten nur von ihren Praxisräumen aus telemedizinisch tätig sein dürfen. Das Arbeiten von zu Hause oder unterwegs wird in den Berufs- und Zulassungsverordnungen nicht berücksichtigt. Angesichts der Herausforderungen in der ambulanten medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung ist es jedoch erforderlich, diese Einschränkungen anzupassen. Durch mobiles Arbeiten sollen auch niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten mehr Flexibilität in ihrem Arbeitsalltag erhalten. Dies trägt zur Attraktivität der Niederlassung bei und ermöglicht eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, betonen die Vorstände der beiden größten Kassenärztlichen Vereinigungen Deutschlands.

Die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hat auf ihrer letzten Sitzung in Essen einen entsprechenden Antrag dazu verabschiedet. Die Änderung von §17 der Musterberufsordnung steht noch aus und wurde an den Vorstand der Bundesärztekammer verwiesen. Die KV-Vorstände hoffen nun, dass sich die Bundesärztekammer dieser wichtigen Angelegenheit annimmt.

Angesichts der drohenden Engpässe in der ambulanten Versorgung wird die telemedizinische Versorgung in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. „Videosprechstunden sind ein wichtiger Baustein, um die medizinische Versorgung für Patienten sicherzustellen. Eine erhöhte Flexibilität würde die Ausweitung solcher Angebote ermöglichen. In vielen Fällen, wie bei leichten Infekten oder der Versorgung von Chronikern, erleichtern telemedizinische Lösungen die Behandlung sowohl für Ärzte als auch für Patienten“, betonen die Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigung in Baden-Württemberg.

Natürlich bleibt die Sicherheit der Patienten auch bei telemedizinischen Angeboten oberste Priorität. „Die Arbeit von Ärzten und Psychotherapeuten außerhalb der Praxisräume muss unbedingt an eine ärztliche oder psychotherapeutische Zulassung gebunden sein. Telemedizin ist eine sinnvolle Ergänzung zum Praxisbesuch, aber keinesfalls ein Ersatz dafür“, so der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns.

Bei der Flexibilisierung der Leistungserbringer müssen bestimmte Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Es muss sichergestellt werden, dass die Mehrheit der Fälle weiterhin in der Praxis vor Ort behandelt wird und eine persönliche Folgebehandlung zeitnah möglich ist. Selbstverständlich bleibt auch bei telemedizinischen Angeboten die Patientensicherheit und die Einhaltung ärztlicher und psychotherapeutischer Sorgfaltspflichten von höchster Bedeutung. Die Flexibilisierung muss zudem immer durch einen tatsächlichen Versorgungsbedarf gerechtfertigt sein, weshalb die entsprechenden Eckpunkte in die geltenden Regelwerke aufgenommen werden müssen.

Für eine patienten- und nutzerorientierte Digitalisierung im Gesundheitswesen sprach sich Dr. Sibylle Steiner, Mitglied des Vorstands der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), auf der heutigen Vertreterversammlung in Essen aus. Die KBV sei bereit, Verantwortung für die Digitalisierung zu übernehmen und aktiv mitzugestalten.

Essen, 15. Mai 2023 – „Nicht das Ob ist Inhalt unserer Kritik, sondern das Wie“, betonte Steiner, die im März in den KBV-Vorstand gewählt worden war. Digitalisierung biete viele Chancen für die ambulante medizinische Versorgung von morgen. Allzu oft kreisten Digitalisierungsprozesse aber hauptsächlich um technische Machbarkeit, Standards, Kontrolle und Nachweispflichten. „Wir als KV-System wollen nicht nur über das technisch Notwendige und Machbare reden, sondern vor allem über digitale medizinische Versorgungskonzepte“, hielt Steiner dem entgegen.

Weit oben auf der Agenda des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) stehe derzeit die Ausweitung telemedizinischer Angebote. Die BMG-Digitalstrategie sieht unter anderem eine Streichung der 30-Prozent-Beschränkung für Videosprechstunden vor. „Man sollte mit dem ersten Schritt beginnen, bevor man an der Umsetzung des dritten Schrittes arbeitet“, kommentierte Steiner die Pläne. Die ärztliche und psychotherapeutische Leistungserbringung zu flexibilisieren und mobiles Arbeiten auch für Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu ermöglichen, darüber berate die Vertreterversammlung der KBV auch am heutigen Tage.

Weiteres zentrales Element der Digitalstrategie des BMG sei die elektronische Patientenakte (ePA). Mit der sogenannten „ePA für alle“ sollen laut BMG innerhalb der nächsten zwei Jahre 80 Prozent der Versicherten die ePA nutzen. Das BMG wolle hier lediglich mit dem Krankenhaus-Entlassbrief und einer Medikationsübersicht starten. Letztere müsse aber automatisiert und übersichtlich auf dem Praxisbildschirm erscheinen, um einen Mehrwert ohne Mehraufwand zu bieten, so Steiner. „Recherche- oder gar händische Pflege-Pflichten sind für die Ärztinnen und Ärzte weder praktikabel noch zumutbar.“ Und auch für Patientinnen und Patienten müsse die ePA einen echten Nutzen bringen. Der Patientenschutz müsse gewahrt bleiben.

Die Praxisverwaltungssysteme (PVS) will Gesundheitsminister Karl Lauterbach für das automatische Befüllen der ePA ebenfalls weiterentwickeln lassen. „Der Plan findet bei uns Unterstützung, muss aber verbindliche Standards miteinschließen“, sagte KBV-Vorstandsmitglied Steiner. Zwar könne die KBV inzwischen Rahmenvereinbarungen mit PVS-Herstellern zu Leistungspflichten und Qualitätskriterien aushandeln. Aber: „Wir können keinen Hersteller dazu zwingen, Rahmenvereinbarungen mit uns zu schließen.“ Daher forderte Steiner eine zusätzliche, unabhängige Instanz, die das Einhalten der Standards überwacht und gegebenenfalls sanktioniert. Echten Druck könne nur eine staatlich beauftragte Stelle ausüben.

Ein weiteres drängendes Anliegen für die Praxen sei die Finanzierung der Telematikinfrastruktur (TI). Hier hofft das BMG immer noch auf eine Einigung der Selbstverwaltung, obwohl die Verhandlungen über die TI-Pauschale gescheitert waren. Die KBV setze weiterhin auf Kostendeckung – und das auch bei neuen Anwendungen.

Schlussendlich habe das Thema Wirtschaftlichkeitsprüfungen verordneter Leistungen insbesondere bei Arzneimittelverordnungen nach wie vor hohe Brisanz, sagte Steiner: „Finanzielle Einsparungen bei Off-Label-Use-Verordnungen nehmen die Krankenkassen gerne an.“ Im umgekehrten Fall regressierten sie aber die gesamten Verordnungskosten – und nicht nur die Differenz zwischen dem wirtschaftlichen und dem tatsächlich verordneten Präparat. „Das kann und darf so nicht bleiben“, kritisierte die Ärztin und sprach sich für eine Klarstellung des Gesetzgebers aus.

Die angesprochenen Beispiele würden die Kritiker Lügen strafen, die behaupteten, Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten würden immer nur nach mehr Geld rufen. „Das Gegenteil ist der Fall: Sie gehen ständig in Vorleistung“, resümierte Steiner.

Die Krankenhausbranche unterstützt die Ziele der Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Gemäß diesen Zielen wird voraussichtlich etwa ein Fünftel der Kliniken geschlossen, so der Chef der Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) erwartet, dass bis zu 20 Prozent der Klinikstandorte in Deutschland geschlossen werden. Gaß erklärte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Auch wir als Krankenhäuser haben längst akzeptiert, dass wir Standorte zusammenlegen, umgestalten oder schließen müssen.“

Gaß geht davon aus, dass es innerhalb der nächsten zehn Jahre bis zu 20 Prozent weniger Klinikstandorte geben wird. Dies sei ein realistisches Ziel, um eine gute Balance zwischen wohnortnaher Versorgung und Spezialisierung zu erreichen. Vor einem für Dienstag geplanten Protesttag mit dem Motto „Krankenhäuser in Not“ betonte Gaß die Unterstützung der Klinikbranche für die Reformziele.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es im Jahr 2021 rund 1900 Kliniken in Deutschland. Gaß betonte, dass für komplexe Eingriffe größere Einheiten mit entsprechender Ausstattung erforderlich seien. Er argumentierte, dass es in absehbarer Zukunft nicht genügend Personal geben werde, um die bestehenden Strukturen unverändert aufrechtzuerhalten.

Daher unterstützt die Klinikbranche grundsätzlich die Ziele der Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Gaß betonte jedoch, dass ein gut organisierter Transformationsprozess notwendig sei. Dies beinhalte gezielte Fusionen zu größeren Einheiten und die Umwandlung kleinerer Kliniken in Gesundheitszentren, die sich auf Pflege und kleinere ambulante Eingriffe konzentrieren.

Die DKG spricht sich entschieden gegen eine geplante „Qualitätsampel“ für Kliniken aus. Gaß äußerte sich skeptisch zu solchen Ampelsystemen und erklärte, dass die Klinikbranche davon nichts halte.

Ein wesentlicher Bestandteil von Lauterbachs Reformplänen ist die Einteilung der Krankenhäuser in drei Stufen – wohnortnahe Grundversorgung, Regel- und Schwerpunktversorgung sowie Maximalversorgung – und die entsprechende Vergütung. Jedes Krankenhaus soll bestimmten Leistungsgruppen zugeordnet werden, wobei bestimmte Voraussetzungen in Bezug auf Personal und Ausstattung erfüllt werden müssen. Es sind auch einheitliche Qualitätskriterien geplant, um sicherzustellen, dass die Kliniken bestimmte Leistungen erbringen können.

Des Weiteren soll das Vergütungssystem geändert werden, indem Pauschalen für Behandlungsfälle eingeführt werden, um den wirtschaftlichen Druck auf die Kliniken zu reduzieren, immer mehr Fälle auf Kosten der Qualität anzunehmen. Kliniken sollen künftig eine gesicherte Finanzierung erhalten, die sich ausschließlich auf die Bereitstellung bestimmter Leistungen konzentriert.

Bund und Länder machen laut Gesundheitsminister gute Fortschritte bei der Klinikreform. Vor der Sommerpause sollen Eckpunkte erarbeitet werden, und Lauterbach hofft, dass die Reform bereits im Januar 2024 in Kraft treten kann.

Karl Lauterbach, der Bundesgesundheitsminister, setzt auf eine schnelle Verbreitung des neuen Einlöseweges für E-Rezepte über die Versichertenkarte. Er betont, dass das E-Rezept die Verschreibung und Abgabe von Medikamenten sicherer, schneller und einfacher macht. Anfangs wird die Nutzung jedoch langsam anlaufen, da die Praxen sich daran gewöhnen müssen. Doch mit dem neuen Einlöseweg über die Versichertenkarte wird das E-Rezept praxistauglich und zum Standard werden. Das System soll nun schnell bundesweit eingeführt werden. Niedergelassene Ärzte und Apotheker werden als Pioniere der Digitalisierung bezeichnet.

Ab morgen werden die ersten Apotheken in der Lage sein, E-Rezepte über die neue Methode einzulösen, indem sie die Krankenkassenkarte in ein Lesegerät stecken. Es ist keine Geheimnummer (PIN) erforderlich. Bisher konnten E-Rezepte anstelle des gewohnten rosa Zettels bereits über eine Smartphone-App oder einen ausgedruckten QR-Code eingelöst werden.

Bis Ende Juli werden voraussichtlich 80 Prozent der Apotheken den neuen Weg per Karte anbieten können. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat kürzlich davor gewarnt, falsche Erwartungen zu wecken, indem behauptet wird, dass ab dem 1. Juli bereits in allen Arztpraxen E-Rezepte ausgestellt werden könnten.

Die Situation von Dr. Beate Seger-Fritz (59) spiegelt die Realität vieler Kinderärzte in Deutschland wider. Sie steht vor Herausforderungen wie Personalnot, unzureichender Vergütung, endlosen Überstunden, ungewisser Zukunft und übermäßiger Bürokratie. Die Belastungen sind so stark, dass die Ärztin sogar erwägt, ihren Beruf zu verlassen, da die Anspannung ihr den Schlaf raubt.